»Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.« — Václav Havel
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David X. Noack

Kritische Perspektiven auf Geschichte und internationale Politik

Slowakische Rechte schlingert

Regierung droht Verlust ihrer Mehrheit. Sozialdemokraten hoffen auf Neuwahlen

Im dritten Anlauf soll am 17. Mai in der Slowakei endlich ein neuer Generalstaatsanwalt gewählt werden. Für die Regierung der liberalkonservativen Ministerpräsidentin Iveta Radicova könnte dies eine Schicksalsentscheidung werden. Die ersten beiden Wahlgänge für den wichtigen Posten gerieten im vergangenen Dezember zu einem Desaster für die regierende Fünf-Parteien-Koalition. Obwohl das rechte Lager damals über 79 Sitze verfügte, erhielt sein Kandidat Jozef Centes lediglich 73 Stimmen. Der Oppositionskandidat Dobroslav Trnka bekam hingegen sogar eine Stimme mehr. Daraufhin drohte Radicova mit ihrem Rücktritt, falls der Kandidat der Opposition gewählt werden sollte. Der zweite Wahlgang wurde von allen Regierungsparteien boykottiert, während das Kabinett eine Gesetzesänderung vorantrieb, um die Wahl des Generalstaatsanwaltes nicht mehr geheim durchführen zu müssen. Diese Reform wurde jedoch von dem christsozialen Präsidenten Ivan Gasparovic, einem Verbündeten der Opposition, kassiert.

Ein Sturz der Regierung käme der Opposition gelegen. Die linkssozialdemokratische SMER liegt in Umfragen derzeit bei 46 Prozent und könnte nach einer Neuwahl ohne Koalitionspartner regieren. Ohne Neuwahl wäre eine Koalition der SMER mit den Wertkonservativen der KDH möglich. Eine solche Variante war bereits nach der Parlamentswahl im vergangenen Sommer diskutiert worden. Die Nationalpartei SNS hatte bereits damals angekündigt, eine solche Koalition stützen zu wollen. Sie hat heute wenig Interesse an Neuwahlen, nachdem die ehemalige Parteivorsitzende Anna Belousovova aus Partei und Fraktion ausgeschlossen wurde und nun daran arbeitet, eine neue »konservative« Partei zu gründen.

Der Aufwind der Linkssozialdemokraten läßt sich aus ihrer konsequenten Oppositionspolitik erklären. In der Amtszeit des damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico von 2006 bis 2010 waren alle Privatisierungsmaßnahmen gestoppt worden, während die derzeit regierenden Liberalkonservativen die Entstaatlichung der Slowakischen Telekom, des Flughafens von Bratislava und bei regionalen Energieversorgern begonnen haben.

junge Welt, 09.05.2011

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