Zwei Favoriten
Slowakei wählt neuen Präsidenten. Premier und ein Oligarch führen in Umfragen
Andrej Kiska habe das »Herz, Hirn und den Charakter« für das Präsidentenamt, prangt auf seinen Wahlplakaten, die derzeit überall in der Slowakei hängen. Bei den am heutigen Samstag stattfindenden Wahlen für den Posten des Staatsoberhauptes in der Slowakei ist der Parteilose einer der beiden Favoriten. Der Oligarch Kiska trat vor einem Jahr als Außenseiter in den Wahlkampf ein. Die Kandidaten der traditionellen Parteien des liberalkonservativen Lagers kommen insgesamt nur auf 15 Prozent in den Umfragen.
Klarer Favorit für das Präsidentenamt ist der amtierende Premier Robert Fico von den Sozialdemokraten der SMER-SD. Dieser hatte als »Linkspopulist« (Tagesspiegel/Welt) sowie »Hugo Chávez von Europa« (Deutsche Welle) bei den Wahlen 2006, 2010 und 2012 für Furore gesorgt. Politiker und Journalisten sagten mit ihm wahlweise das Ende der NATO-Integration der Slowakei, den wachsenden Einfluß Rußlands oder sogar das Ende der Demokratie in dem Land voraus. Doch seit seiner Wiederkehr in das Ministerpräsidentenamt 2012 ist von dem alten Linkskurs nicht viel übriggeblieben. Der viel beachtete Antiprivatisierungskurs der SMER-SD 2006 bis 2010 wird nicht mehr fortgesetzt, so soll zum Beispiel die Slowakische Telekom an die Deutsche Telekom verkauft werden. Die Verstaatlichung der Krankenversicherer – 2012 noch als linkes Kernprojekt der SMER-SD-Alleinregierung angekündigt – ist mittlerweile begraben. Auch die politische Ausrichtung der Sozialdemokraten wird immer abenteuerlicher. Als die SMER-SD vor 2010 erfolgreich durch eine patriotische Kulturpolitik ihren damaligen nationalkonservativen Koalitionspartnern das Wasser abgegraben hatte, galt das als kluger Schachzug. Doch mittlerweile führt das Vorstoßen in konservative Wählergefilde bei Vernachlässigung linker Kernthemen zum Einbrechen in den Umfragen. Zuletzt kündigten die Sozialdemokraten an, mit den Wertkonservativen der Chrsitlich-Demokratischen Bewegung (KDH) in der Verfassung zu verankern, daß die Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden kann.
Sollte keiner der beiden Erstplazierten bei dieser Runde der Präsidentschaftswahl 50 Prozent erreichen, was noch nie ein Kandidat in der Slowakei geschafft hat und was auch derzeit äußerst unrealistisch scheint, kommt es am 29. März zur Stichwahl. Die Kandidaten des liberalkonservativen Lagers, die derzeit zusammen laut Demoskopen den SMER-SD-Premier übertrumpfen könnten, haben bereits angekündigt, einander in der Stichwahl unterstützen zu wollen. Kiska kündigte sogar an, seine Wahlplakate den anderen Kandidaten zur Verfügung zu stellen, um Fico zu verhindern.
Der derzeit amtierende christsozial-gaullistische Präsident Ivan Gasparovic darf nach zwei gewonnenen Wahlen 2004 und 2009 nicht noch einmal antreten.
junge Welt, 15.03.2014