»Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst.« — Franklin D. Roosevelt
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David X. Noack

Kritische Perspektiven auf Geschichte und internationale Politik

Expeditionary Navy

In diesen Tagen startet ein Verband deutscher Kriegsschiffe zu einer Trainingsfahrt in den Indischen Ozean. Er setzt damit ein soeben am Kap der Guten Hoffnung beendetes bilaterales Manöver mit der südafrikanischen Marine fort. Der beteiligte „Einsatz- und Ausbildungsverband“ der Bundesmarine fährt nun zuerst nach Mauritius, dann nach Indien sowie nach Oman. Alle Stationen der Übungsfahrt besitzen einen besonderen Stellenwert als Umschlagplätze für den boomenden Handel mit Ostasien. Die zunehmende Präsenz der deutschen Marine auf den Weltmeeren hat System. Bereits 1992 wurde in den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ festgelegt, vitales Sicherheitsinteresse der deutschen Politik sei die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“. Aktuelle Papiere unterstreichen die Bedeutung des „freien und ungehinderten Welthandels als Grundlage unseres Wohlstandes“. Die Marine ist ein Instrument, mit dem Berlin die deutschen Handelsrouten zu sichern sucht – auch im Indischen Ozean.

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Am Kap

Der Marineverband sowie weitere Bundeswehrsoldaten – insgesamt 1.200 – beteiligten sich zunächst an dem Manöver „Good Hope III“, das auf einen Monat angelegt war und an diesem Wochenende in Zusammenarbeit mit den südafrikanischen Streitkräften abgeschlossen wurde.[1] Unter anderem Tornado-Kampfjets, die Fregatten „Hamburg“ und „Köln“ sowie der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ erprobten dabei ihre Kampffähigkeit. Die Tornado-Jets übten die Bekämpfung von Zielen auf See – unter anderem mit dem neuen, jetzt zum ersten Mal getesteten Seezielflugkörper „Kormoran 2“. Dabei handelt es sich um Anti-Schiffs-Raketen, die automatisch ihr Ziel suchen. Zusätzlich dazu wurden Anti-Radar-Raketen getestet, die von Tornados abgeschossen werden. 2008 ist das dritte Jahr in Folge, in dem die Bundesmarine in Südafrika Präsenz zeigt. 2006 fand das Manöver „Good Hope II“ statt, 2007 führte ein Flottenverband der NATO vor den Küsten Südafrikas eine Kriegsübung durch – beteiligt waren auch deutsche Schiffe. Südafrika ist nicht nur die stärkste Ökonomie in Afrika südlich der Sahara und beansprucht die Hegemonie auf dem Kontinent. Es ist zudem der wichtigste afrikanische Handelspartner Deutschlands.[2]

Stützpunkt im Indischen Ozean

Nach dem Abschluss des Manövers in Südafrika setzt der „Einsatz- und Ausbildungsverband“ in diesen Tagen seine Reise in Richtung Mauritius fort. Der kleine, kaum bekannte Inselstaat besitzt kein Militär, jedoch eine paramilitärisch organisierte „Special Mobile Force“, Polizei und Küstenwache. Laut Auswärtigem Amt erlangt Mauritius als „ziviler Schiffs- und Luftverkehrsknotenpunkt“ zunehmend Bedeutung.[3] Die mauritischen Inseln liegen zwischen Afrika, Südasien und Australien und sind als Zwischenstation in Richtung Osten geeignet. Der Hafen der Hauptstadt ist zur Zeit neben Kapstadt der einzige in Subsahara-Afrikas, der Containerschiffe der sogenannten „vierten“ und „fünften Generation“ aufnehmen kann. Seit 1991 fahren Containerschiffe der „vierten Generation“ von Europa nach Ostasien. Zum Premierminister und zu den Oppositionsführern Mauritius‘ unterhält laut eigenen Angaben die der SPD nahestehende Friedrich-Ebert-Stiftung gute Kontakte. Die politischen Kontakte werden nun um militärische Beziehungen zu dem Handelshafen im Indischen Ozean ergänzt.

Großmacht Indien

Nächste Station des „Einsatz- und Ausbildungsverbandes“ der Bundesmarine nach Mauritius ist Kochi (Indien). Der Ort hat für das indische Militär einige Bedeutung: Dort befindet sich der größte Ausbildungsstützpunkt für indische Marineflieger. Die Einheit verwendet deutsche Fabrikate: Ein großer Teil ihrer Seefernaufklärungsflugzeuge stammt aus deutscher Produktion. Wie die regierungsnahe „Stiftung Wissenschaft und Politik“ konstatiert, richtet Indien seine Marine zunehmend in Richtung Südostasien aus.[4] Hierzu passt, dass Indien seit 2006 in der Straße von Malakka patrouilliert und einen Stützpunkt zur Seeraumüberwachung auf zu seinem Territorium gehörenden Inseln vor der Einfahrt zur Straße von Malakka errichtet. Berlin versucht schon seit längerer Zeit Einfluss auf diesen Seeweg zu nehmen. Die Straße von Malakka – eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt – besitzt für den Handel mit China und Japan eine herausragende Bedeutung.[5]

S-Klasse

Die letzte Station im Indischen Ozean, die von den zwei Fregatten, dem Einsatzgruppenversorger und dem Munitionstransporter angesteuert wird, ist der Hafen von Maskat, der Hauptstadt des Oman. Vor den Küsten des Sultanats patrouilliert die Bundesmarine seit sechs Jahren im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“. Im Jahr 2006 hat Berlin versucht, den Oman zum Verzicht auf Teile seiner Hoheitsrechte zu veranlassen: Der deutschen Marine sollte das Recht eingeräumt werden, die Hoheitsgewässer des Landes eigenmächtig zu befahren.[6] Oman widersetzte sich. Trotzdem zeigt die Bundeswehr in jüngster Zeit immer öfter Präsenz in dem arabischen Land, zuletzt mit einem Besuch der Fregatte „Augsburg“ und Helikoptern der Marine in Maskat und Salalah. Der Hafen in Salalah ist der einzige zwischen Europa und Singapur, der Containerschiffe der S-Klasse aufnehmen kann. Die S-Klasse ist die derzeit weltweit größte Containerschiff-Kategorie. Der Hafen verschafft Oman eine wichtige Rolle im internationalen Handelsverkehr.
Aktionsradius

Die zunehmende Präsenz der deutschen Kriegsmarine auf den Weltmeeren folgt klaren ökonomischen Interessen des Exportweltmeisters Deutschland. Bereits 1992 schrieben die vom Verteidigungsminister verabschiedeten „Verteidigungspolitische Richtlinien“ vor, die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ entspreche deutschen Bedürfnissen. Die Durchführung von Manövern vor wichtigen Häfen des Indischen Ozeans folgt dieser Idee. Die Bundesmarine, die ihren Aktionsradius systematisch ausweitet, entwickelt sich, heißt es im Bundeswehr-„Weißbuch“, einem zentralen Dokument der deutschen Militärpolitik, „im Zuge der Transformation der Bundeswehr zu einer Expeditionary Navy“.

[1] Good Hope am Kap; www.bundeswehr.de 15.02.2008
[2] s. dazu Ergänzungsraum und Ein gewisser Widerspruch
[3] Mauritius: Außenpolitik; Länder- und Reiseberichte des Auswärtigen Amts
[4] s. dazu Friedensmächte
[5] s. dazu Kriegerische Optionen und Subregionales Wettrüsten
[6] s. dazu Zugriff und Handlungsfreiheit

Bild: Ein amerikanischer und ein deutscher Soldat sowie ein Angehöriger der Küstenwache des Inselstaats Mauritius in Djibouti (14.01.2007).
Picture: An American and a German soldier meet a member of the Coast Guard of Mauritius in Djibouti (01.14.2007).
This picture is in the public domain in the United States because it is a work of the United States Federal Government under the terms of Title 17, Chapter 1, Section 105 of the US Code.

german-foreign-policy.com, 18.03.2008.

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