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David X. Noack

Kritische Perspektiven auf Geschichte und internationale Politik

Südossetien weiter isoliert

Kaukasusrepublik feiert 28. Jahrestag der Unabhängigkeit. Führung will Anschluss an Russland

Ohne größere Überraschung hat Südossetien am Donnerstag mit einer Parade in der Hauptstadt Zchinwal den 28. Jahrestag der Unabhängigkeit der Kaukasusrepublik gefeiert. Ein zuvor von halboffizieller Seite gestreutes Gerücht, dass der syrische Präsident Baschar Al-Assad zu den Festlichkeiten kommen würde, bewahrheitete sich nicht. Syrien hatte erst im Mai die Unabhängigkeit der von Georgien abgespaltenen Republik anerkannt – als fünftes UN-Mitglied überhaupt –, Südossetiens Präsident Anatoli Bibilow besuchte im Juli Damaskus. Doch neben dem syrischen Botschafter in Moskau, Riad Haddad, sowie abchasischen und russischen Vertretern reiste kein ausländischer Repräsentant nach Zchinwal, was wieder einmal die Isolation des Landes unterstrich. Nach der eher kleinen Parade zur Mittagszeit begann ein Volksfest mit Sportveranstaltungen, volkstümlichen Tänzen und einem Bierfestival.

Das Kaukasusland leidet unter Korruption sowie verschiedenen außenpolitischen Krisen und der Einflussnahme aus dem Ausland. Südossetien wies im vergangenen Jahrzehnt einen hohen Verschleiß an Politikern auf, die wegen Geldunterschlagung entlassen wurden. Im Jahr 2009 hatte Russland indirekt einem sibirischen Geschäftsmann ins Amt verholfen, um den Strudel der Korruption zu durchbrechen. Doch auch das scheiterte. Während in der benachbarten russischen Teilrepublik Nordossetien der Tourismus boomt, bleibt dieser in Südossetien trotz beeindruckender Natur unterentwickelt. Der grenzüberschreitende Handel, bis zum Jahr 2004 und den Blockademaßnahmen der georgischen Regierung unter dem nationalistischen Hardliner Micheil Saakaschwili ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, liegt ebenso darnieder, da die Grenze zu Georgien nahezu vollständig geschlossen ist. Wirtschaftlich ist die Regierung in Zchinwal auf die russischen Zuschüsse zum Staatsbudget angewiesen. Moskau zahlt mehr als 85 Prozent des südossetischen Staatshaushaltes. In dem Kaukasusstaat sind fast zwei Drittel der erwachsenen Menschen im Staatsdienst und ein Sechstel Rentner. Durch die Sanktionen gegen Russland und die dortige Wirtschaftskrise wird das Geld des »großen Bruders« aber ebenfalls knapp. Nahezu die gesamte südossetische politische Elite plädiert für einen Beitritt zur Russischen Föderation, doch Moskau lässt das aus geostrategischen Gründen nicht zu. Die Annäherung an Georgien soll wohl nicht gefährdet werden.

Als Verbindung Südossetiens zum verfeindeten Nachbarn im Süden könnte das östliche Rajon Leningor (bis 2008 Achalgori) dienen. Der Bezirk ist die einzige der vier Regionen des Landes, die mehrheitlich von ethnischen Georgiern bewohnt wird. Diese dürfen auch den einzigen Grenzübergang zwischen beiden Ländern nutzen. Auffällig in Leningor ist, dass die Menschen ganz offen georgisches Fernsehen schauen und auch ausländischen Journalisten erzählen, dass sie einen Pass des Nachbarlandes besitzen. Sie können sogar in Georgien wählen gehen, erklärt Filip Chatschirow, der Chef der Bezirksverwaltung, im Gespräch mit jW. Doch in den Amtsstuben dürfen die Angehörigen der Minderheit kein Georgisch nutzen – die Amtssprachen sind Ossetisch und Russisch. Immerhin werden derzeit die Straßen von Leningor saniert. Knapp ein Jahrzehnt lang hatte die Regierung in Zchinwal die Infrastruktur der Region vernachlässigt. Es wird jedoch auch in Zukunft nicht viele Arbeitsplätze geben. Die einzige Brauerei der Stadt hatte der türkische Efes-Konzern im Frühjahr 2008 gekauft, doch im Kaukasuskrieg im August desselben Jahres zogen die neuen Besitzer mit der gesamten Technik ab. Die Brauerei soll nun mit neuer Technik ausgestattet werden, erklärte Bezirkschef Chatschirow. Warum das erst jetzt geschieht, erläuterte er nicht.

Erschienen in: junge Welt, 22.09.2018.

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