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David X. Noack

Kritische Perspektiven auf Geschichte und internationale Politik

Mehr als Symbolpolitik

Syrien erkennt Abchasien und Südossetien an. Ehemals georgische Republiken selbstbewusster

Wie die Außenministerien von Abchasien und Südossetien diese Woche mitteilten, erkennt die Syrisch-Arabische Republik (SAR) die Unabhängigkeit dieser beiden von Georgien abgespaltenen Länder an. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA bestätigte dies und ergänzte, dass auch Botschafter ausgetauscht werden sollen. Das ginge über reine Symbolpolitik hinaus – Nicaragua und Venezuela, die beide Staaten ebenfalls anerkannt haben, lassen sich dort nur über ihre jeweiligen Botschaften in Moskau vertreten. Die georgische Regierung verurteilte die Entscheidung der syrischen Regierung und kündigte den Abbruch der Beziehungen zu Damaskus an. Diplomaten werden dadurch jedoch nicht arbeitslos: Georgien unterhielt auch bisher keine Vertretung in Damaskus, und Syrien hatte keine in Tbilissi. Auch die Regierungen der USA und der Ukraine verurteilten die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens, die EU bewertete den Schritt in einer Erklärung als »Bruch internationalen Rechts«.

Westliche Beobachter merkten meist an, die Anerkennung sei eine Dankesgeste aus Damaskus gegenüber der russischen Regierung für deren Unterstützung im Syrien-Krieg. Doch diese Argumentation ignoriert die Entwicklung in den Regionen. Bereits seit mehreren Jahren bauen vor allem Abchasien und Syrien ihre Beziehungen aus. Syriens Staatsoberhaupt Baschar Al-Assad erklärte 2008 nach der russischen Militäraktion in Reaktion auf den georgischen Angriffskrieg auf Südossetien, seine Regierung stehe zu Russland. Mit dem Beginn des Krieges in Syrien drei Jahre später begann eine abchasische Kampagne, Menschen in das Land zurückzuführen, deren Vorfahren vor 150 Jahren vor den Schergen des russischen Zaren in das Osmanische Reich geflohen waren. Ein großer Teil von ihnen ließ sich in der Levante nieder. Die Integration dieser arabischsprechenden Abchasier aus Syrien in das russischsprachige Land gestaltet sich schwierig. Im Jahr 2015 traf der abchasische Außenminister in Moskau erstmals den syrischen Botschafter. Ein Jahr darauf erklärte das Oberhaupt der Schwarzmeerrepublik, Raul Chadschimba, dass sein Land im Kampf gegen den Terror der Dschihadisten an der Seite des »Schwesterstaates Syrien« stehe.

Im vergangenen Jahr wurden dann die Kontakte zwischen Abchasien und Syrien intensiviert. Suchum schickte humanitäre Hilfe, eine Delegation unter Außenminister Daur Kowe besuchte Damaskus und Abchasien war Gastland auf der erstmals seit fünf Jahren stattfindenden Damaszener Internationalen Messe. Im November 2017 weilte eine syrische Delegation in der abchasischen Hauptstadt, und der gastgebende Wirtschaftsminister erklärte, dass ein Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern vorbereitet werde. Das wird nach der Anerkennung nun möglich. Die kleine Republik am Schwarzen Meer betreibt bereits Handel mit Bulgarien, Griechenland und der Türkei, die exportierten Güter reichen von Steinkohle bis zu Zigaretten. Einer Ausdehnung der Geschäftstätigkeiten in den Mittleren Osten steht nun wenig im Wege. Abchasien hat bereits Vertretungsbüros in Jordanien, Tunesien, der Türkei und Israel. Ein verstärkter Handel mit all diesen Ländern dürfte seine Stellung gegenüber Moskau stärken.

Doch auch die verstärkten außenpolitischen Aktivitäten Südossetiens erhalten einen weiteren Schub. Erst im Januar eröffnete der südossetische Präsident Anatoli Bibilow ein Vertretungsbüro in Banja Luka, der Hauptstadt der serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas. Nun soll eine Botschaft in Damaskus folgen. »Es ist eine große Ehre, aber auch eine große Verantwortung, die wir nun annehmen. Ohne Zweifel haben wir viel zu tun, um unsere Beziehungen auszubauen«, erklärte Außenminister Dmitri Medojew gegenüber der südossetischen Presse.
Die abchasische Botschaft in Moskau
Bisher unterhält Abchasien ausschließlich Botschaften in Russland (Foto), Südossetien und Venezuela. Demnächst folgt eine in Syrien.

Erschienen in: junge Welt, 01.06.2018.

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