Oligarch wird neuer Präsident der Slowakei
Newcomer Andrej Kiska setzt sich gegen den etablierten Robert Fico durch:
Der parteilose Unternehmer und Politneuling Andrej Kiska wird für die nächsten fünf Jahre Präsident der Slowakei. Er gewann mit fast 60 Prozent der Stimmen gegen den Regierungschef Robert Fico.
Zuletzt hatte es für Andrej Kiska gar nicht mehr so vorteilhaft ausgesehen: Alle drei bisherigen Präsidenten der Slowakei hatten sich für seinen Konkurrenten, den amtierenden Premier der sozialdemokratischen Partei SMER-SD Robert Fico, ausgesprochen. Die vor dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen von den bürgerlichen Kandidaten untereinander abgemachte Wahlunterstützung fiel aus: Der Dritt- sowie der Viertplatzierte der ersten Runde der Wahl, die unabhängigen Bürgerlichen Radoslav Procházka und Milan Knažko, sollten vor wenigen Tagen auf einer Pressekonferenz ihre Unterstützung für Kiska kundtun. Doch Knažko tauchte nicht auf und der fraktionslose Parlamentarier Procházka erklärte, dass seine Wähler selbst entscheiden sollten. Einen Tag später ergänzte der Jurist jedoch, selbst Kiska zu wählen. Zuletzt sprachen sich sogar hohe Vertreter des katholischen Klerus für den ehemaligen kommunistischen Politiker Fico aus.
Kiska übertrumpfte Fico trotzdem. Er gewann mit 59,4 Prozent der Wählerstimmen. Fico erhielt nur 40,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 50,5 Prozent. Der aus dem nordostslowakischen Poprad stammende Unternehmer hatte eine weitgehend inhaltsleere Kampagne geführt. Die einzigen Themen, auf die er setzte, waren der Kampf gegen die Korruption und das Hervorheben, dass der Präsident überparteilich sein sollte. Sein Geld hatte Kiska in den 1990er Jahren mit Kreditgeschäften gemacht. Vor dem ersten Wahlgang nur als Gerücht im Umlauf, warf Premier Fico nun in der heißen Phase des Wahlkampfes Kiska öffentlich vor, der religiösen Sekte Scientology anzugehören. Dieser stritt das ab.
Für Fico ist der Wahlausgang die schwerste Niederlage seiner politischen Karriere. 1999 hatte er als Linksabspaltung der neoliberal gewendeten Sozialdemokratie die Partei SMER (Slowakisch für Richtung, später ergänzt durch SD für Sozialdemokratie) gegründet. Mit einer klar linken Ausrichtung stieg diese bis 2006 zur stärksten Partei der slowakischen Parteienlandschaft auf. Bei den letzten Wahlen 2012 errang die SMER-SD die absolute Mehrheit. Doch das klar linke Programm schleifte die Partei in der Regierung immer mehr. Vor zwei Jahren kündigte Fico noch an, die Krankenversicherungen des Landes verstaatlichen zu wollen – doch dieses Projekt liegt schon seit längerem auf Eis. Zuletzt ließ sich die SMER-SD auf einen Kuhhandel mit der wertkonservativen KDH ein und kann nun Justizreformen durch das Parlament bringen, muss dafür aber in der Verfassung verankern, dass eine Ehe nur aus einem Mann und einer Frau bestehen darf.
Auch im Wahlkampf zum Staatsoberhaupt setzte die SMER-SD nicht mehr auf linke Themen. Zu den Neuwahlen 2012, als der größte Korruptionsskandal in der Geschichte des Landes die bürgerlichen Parteien kurz vor der Parlamentswahl in eine Krise stürzte, konzentrierten sich die Sozialdemokraten auf die Mietenproblematik als wichtigstes Wahlkampfthema. Dieses Jahr war davon nichts zu sehen: Ficos Kampagne betonte lediglich seine Erfahrung und der Premier erklärte sogar, dass er katholisch erzogen sei. Linke Kernklientel dürfte das abgeschreckt haben. Für den Fall einer Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen hatte der Ministerpräsident zuletzt angekündigt, auch als Premier zurücktreten zu wollen. Sollte das nun geschehen, hätte die Wahl um das eher repräsentative Amt des Präsidenten ein politisches Erdbeben zur Folge.
Neues Deutschland, 31.03.2014