»Dora meldet...« — Sándor Radó
English · Francais · | · RSS

David X. Noack

Kritische Perspektiven auf Geschichte und internationale Politik

Erdgas aus Afrika (II)

Deutsche Unternehmen bemühen sich um Zugriff auf die zweitgrößten Erdgasreserven südlich der Sahara – in Angola. Die Vorkommen des Landes an Erdöl und Erdgas öffneten „der deutschen petrochemischen Industrie ähnliche Chancen wie in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens“, urteilen Wirtschaftskreise. Deutsche Firmen versuchen sich schon jetzt für die Vergabe neuer Konzessionen in Stellung zu bringen, die nächstes Jahr durchgeführt werden soll. Zu den Hauptkonkurrenten der Bundesrepublik gehört dabei China, dessen wichtigster Erdöllieferant Angola ist. Die angolanischen Ölprofite erlauben es dem Land, in großem Maßstab Waren zu importieren – unter anderem aus Deutschland – und die weithin zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen – mit Beteiligung deutscher Firmen. Dabei handelt es sich auch um Infrastrukturprojekte, die von deutschen Unternehmen im südlichen Afrika benötigt werden, um die dort von ihnen produzierten Waren abzusetzen. Ermöglicht wird das für die deutsche Wirtschaft höchst profitable Geschäft von der deutschen Entwicklungshilfe.

Wie in Mittelost
Deutsche Konzerne bemühen sich um Zugriff auf die Erdgasreserven Angolas. Das Land, das sich bis 2002 in einem Bürgerkrieg befand und erst seit dessen Ende seine umfangreichen Ressourcen in großem Maßstab fördern kann, besitzt die zweitgrößten Öl- und Gasvorkommen südlich der Sahara. Nur Nigeria verfügt über größere Mengen.[1] Entsprechend scharf ist die Konkurrenz um Erdöl und Erdgas Angolas. Besonders China bezieht große Mengen Öl aus dem Land, das mittlerweile Saudi-Arabien als bedeutendsten Lieferanten der Volksrepublik abgelöst hat. Auf deutscher Seite bemühen sich vor allem die Energiekonzerne Eon AG und EnBW um Zugriff auf das angolanische Erdgas.[2] Wie die Außenwirtschaftsagentur Germany Trade and Invest (gtai) berichtet, werden im Jahr 2011 neue Ausschreibungen in der Öl- und Gasbranche Angolas vorgenommen. Die Reserven des Landes öffneten „der deutschen petrochemischen Industrie ähnliche Chancen wie in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens“, urteilt gtai.[3]
Marktöffner
Um die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen auszubauen – Erdöl und Erdgas bringen Geld nach Angola und haben einen Boom ausgelöst -, reisten Anfang Juli rund 70 Unternehmensvertreter aus Deutschland zum dritten deutsch-angolanischen Wirtschaftsforum nach Luanda. Angola ist binnen weniger Jahre zum drittwichtigsten Handelspartner Deutschlands südlich der Sahara aufgestiegen; nur die Wirtschaftsmacht Südafrika und der Erdölstaat Nigeria verzeichnen einen umfangreicheren Warenaustausch mit der Bundesrepublik. gtai hält die ökonomischen Beziehungen immer noch für „ausbaufähig“. Als „logistische Erleichterung“ wird dabei die neue Flugverbindung der Lufthansa nach Luanda angepriesen. Unmittelbar vor dem bilateralen Wirtschaftsforum hat der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Bernd Pfaffenbach in Luanda ein Delegiertenbüro der deutschen Wirtschaft eröffnet, das als Marktöffner dienen soll. Günstig für deutsche Unternehmen ist zudem, dass der Vorsitzende der Deutsch-Angolanischen Wirtschaftsinitiative, Erich Riedl, als Berater für die angolanische Regierung tätig ist. Riedl, ein CSU-Politiker, unterhält enge Beziehungen zu dem im bayerischen Nürnberg ansässigen Unternehmen H.P. Gauff Ingenieure, das in Angola ebenfalls eine starke Stellung innehat.[4]
Verkehrsanbindung
Bei ihren Bemühungen, im als „schwierig“ geltenden Angola politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu erlangen, setzt die Bundesrepublik auf ihre starke Stellung in der einstigen deutschen Kolonie Namibia („Deutsch-Südwest“) – und bemüht sich, den Süden Angolas enger an Namibia anzubinden. Schon im Jahr 2002 hielten sich deutsche Techniker in der Hauptstadt Luanda auf und nahmen dort Planungen für eine Modernisierung des angolanischen Schienennetzes vor. Der Fokus lag dabei auf dem südlichen Teil des angolanischen Schienennetzes. „Wir sind davon überzeugt“, kommentierte damals der angolanische Verkehrsminister André Luís Brandão, „dass Deutschland ein richtiger Partner ist und eine Erfahrung hat, die den Angolanern übermittelt werden kann“.[5] Parallel zu Eisenbahnverbindungen von Namibia nach Angola finanziert die Bundesrepublik auch grenzüberschreitende Straßenprojekte.
Entwicklungshilfe
Die südangolanische Eisenbahnlinie, die mit Nordnamibia verbunden werden soll, öffnet unter anderem deutschen Firmen den boomenden angolanischen Markt. Dies zeigt das Beispiel der im nordnamibischen Otavi ansässigen Fabrik Ohoro Cement, die die deutsche Schwenk Zement KG dort errichtet hat, unterstützt unter anderem von der deutschen Entwicklungsagentur DEG. An der Eröffnung der Fabrik, die als größte deutsche Direktinvestition in Namibia seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1990 gilt, nahm der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel persönlich teil.[6] Ohoro Cement „wird Namibia zu einem Zement-Exporteur machen“, erklärte Niebel. In der Tat soll die deutsche Fabrik den Zementbedarf nicht nur in Namibia, sondern auch im Süden Angolas decken. Für den Transport hat das Unternehmen ein Abkommen mit der staatlichen namibischen Eisenbahngesellschaft TransNamib geschlossen, die die Fabrik an das Schienennetz des Landes anschließen soll – perspektivisch mit Verbindung auch nach Angola. Die angebliche Förderung der Exportindustrie Namibias durch das deutsche Entwicklungsministerium kommt damit vor allem der deutschen Mutterfirma zugute: Daran, dass der deutsche Beton in Angola in großem Maßstab abgesetzt werden kann, besteht kein ernsthafter Zweifel – das Land ist dank seiner Erdöl- und Erdgasprofite mit dem Wiederaufbau beschäftigt.
[1] s. dazu Erdgas aus Afrika
[2] s. dazu Umkämpfter Golf und Nicht China überlassen
[3] Deutsche Unternehmen blicken nach Angola; www.gtai.de 30.06.2010
[4] s. dazu Berater in Angola und Näher an Afrika
[5] Deutsche Fachmänner bewerten die Moçamedes-Eisenbahn; www.botschaftangola.de 30.04.2002
[6] Niebel bei Richtfest von namibisch-deutschem Zementwerk; www.bmz.de 04.02.2010

german-foreign-policy.com, 06. Oktober 2010

Leave a Reply

Neueste Kommentare