»Wichtige Prinzipien können und dürfen nicht gebrochen werden!« — Abraham Lincoln
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David X. Noack

Kritische Perspektiven auf Geschichte und internationale Politik

Marx lesen, verstehen, diskutieren

Im Herbst 2007 begannen Mitglieder des Hochschulverbandes DIE.LINKE.SDS (Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband) mit der Planung einer Lesebewegung für das Marx’sche »Kapital«. Das Thema der Herbstakademie des Studentenverbandes war »Transformation des Kapitalismus – Analyse, Kritik und linke Gegenstrategien«. Hierzu kamen international renommierte Ökonomen, Soziologen und Politikwissenschaftler nach Hörste in Ostwestfalen. Der Berliner Politikwissenschaftler und Mitherausgeber der Marx-Engels-Gesamtausgabe Michael Heinrich weilte ebenfalls in Hörste und begrüßte die Idee einer Lesebewegung für das »Kapital«.

Motiviert durch die positive Resonanz unter Studenten, wurde eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die das Lesen des ersten Bandes des Hauptwerkes von Karl Marx vorbereiten sollte. Der Bundeskongress von DIE LINKE.SDS Anfang Dezember 2007 in Leipzig fasste dann den Beschluss, das erste Buch des Kapitals in großem Rahmen zu lesen. Für das Projekt wurde eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Namen »Das Kapital lesen« gegründet und ein Konzept entwickelt.

Um den jungen Mitgliedern des Verbandes DIE LINKE.SDS das Hauptwerk des Marxismus näher zu bringen, wurden in diesem Frühjahr Vorbereitungsseminare veranstaltet. Marx-Kenner wie Michael Heinrich, Thomas Sablowski und John Kannankulam vermittelten den Marx-Neulingen die Grundlagen der marxistischen Lehre. In insgesamt drei Seminaren und einem Neueinsteigerseminar wurden für fünfzehn der heutigen neunundzwanzig Kapitallesekreise »Teamer« ausgebildet.

Bundesweit finden dreiunddreißig Veranstaltungen statt, die einen Einstieg in den ersten Band des Marx’schen Werkes »Das Kapital – Kritik der politischen Ökonomie« geben werden. Zu den Veranstaltungen werden Mitglieder des Parteivorstandes und der AG »Das Kapital lesen« quer durch die Republik reisen, um den einzelnen Gruppen zur Seite zu stehen. Für Fragen wird im Internet ein Forum eingerichtet, wo Wissenschaftler antworten. Das Internetforum soll nicht nur eine Stütze für die sein, die keine Erfahreneren zur Seite haben, sondern kann als Anregung für andere Gruppen dienen. Vielleicht fällt manchen etwas auf, was andere übersehen haben. Win Windisch, Politik-, Philosophie- und Soziologie-Student aus Berlin und aktiv in der Arbeitsgemeinschaft »Das Kapital lesen«, erzählt von David Harvey. Harvey hatte beim ersten Lesen das »Kapital« nicht verstanden. Beim zweiten Anlauf klappte es besser. Später wurde er zu einem der weltweit bedeutendsten Marxisten. Damit es den Kapital-Lesegruppen nicht ergeht wie einst Harvey, wird als genereller Einstieg für alle Gruppen ein Beiheft mit einzelnen einführenden Texten, einem Leseplan für den ersten Band, einem Glossar und einer Antwortliste für häufig gestellte Fragen an die Gruppen der Universitäten und Fachhochschulen verschickt.

Den Startschuss der Kapital-Lesebewegung 2008 wird die Herbstakademie von DIE LINKE.SDS bilden, welche unter dem Motto »Marx neu entdecken« steht. Gäste sind Elmar Altvater, Michael Heinrich, Bernd Riexinger, Alex Demirovic, Gisela Kessler, Michael Krätke und David Salomon. Damit nicht genug! Im Verlauf des Studienjahres wird eine Zwischenkonferenz veranstaltet, dort können sich die Gruppen untereinander austauschen. Im Sommer 2009 steht eine Auswertungskonferenz an, auf der mit nationalen und internationalen Gästen das »Kapital« besprochen wird. Die Veranstaltungen während des Semesters und das Internetforum sollen dafür sorgen, dass die einzelnen Gruppen nicht nebeneinander und voneinander unabhängig, sondern miteinander lesen. Es sollen keine kleinen Inseln, es soll eine bundesweite Bewegung entstehen. Für Herbst 2009 wird die Lesung des zweiten Bandes des »Kapitals« vorbereitet.

Da dieses Projekt sich nicht selbst trägt, ruft der Verband DIE LINKE.SDS dazu auf, das Projekt mitzufinanzieren. Einige prominente Unterstützer sind schon dabei, so Politiker, Gewerkschafter, Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Professoren. LINKE, die das Projekt für unterstützenswert halten, sind ebenfalls dazu aufgerufen zu spenden. Bei Fragen und Anregungen oder wenn man der Kapital-Lesebewegung Mittel zu kommen lassen will, kann man sich unter www.kapital-lesen.de informieren sowie direkt an info@kapital-lesen.de wenden.

disput, September 2008

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