Mandatsbruch
Die Bundeswehr hat im Westen Afghanistans eine Großoffensive jenseits ihres Mandats eingeleitet.
Medienberichten zufolge ist es in den afghanischen Provinzen Farjad und Badghis, die zur italienischen Besatzungszone gehören, zu größeren Kampfhandlungen unter deutschem Oberkommando gekommen. General Dieter Warnecke, Oberkommandeur der deutschen Besatzungszone in Nordafghanistan, hatte bereits in der vergangenen Woche von Kämpfen gegen die Taliban in Badghis berichtet. Die Provinz im Nordwesten Afghanistans untersteht jedoch nicht Deutschland, sondern dem Isaf-Regionalkommando West, also Italien, und befindet sich lediglich in räumlicher Nähe zur deutschen Besatzungszone (Isaf-Regionalkommando Nord). Tornados der deutschen Luftwaffe hatten in den Provinzen Farjad und Badghis mutmaßliche Rebellen entdeckt und Bilder geliefert, auf deren Grundlage die Afghanische Nationalarmee (ANA) mitsamt ihren deutschen Ausbildern Angriffe startete. Auf Seiten der ANA kämpfen zudem rund 200 norwegische Soldaten von der „Schnellen Eingreiftruppe Mazar-i-Sharif“, die ebenfalls deutschem Oberkommando unterstehen. Die deutschen Truppen assistieren nicht nur der Führung der Operation („Harekate Yolo 2“), sondern tragen auch zum Nachschub bei und stellen Sanitäter. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan hat bereits in der vergangenen Woche vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages zugegeben, dass „250 Mann (…) in kleinen Gruppen im Westen unterwegs“ sind. (Die Karte zeigt das westafghanische Gebiet, in dem die Bundeswehr kämpft; eine Vollversion finden Sie hier.)
Der Vorfall beweist, dass Bundesregierung und Militärs das Mandat mit seiner strikten räumlichen Begrenzung missachten. Zudem beweist die Kampfbeteiligung der deutschen Truppen, dass die angebliche Trennung zwischen einem „Friedenseinsatz ISAF“ und einem „Kampfeinsatz Operation Enduring Freedom (OEF)“ hinfällig ist.
s. auch Leerer Raum, Todesurteil und Der nächste Verlust
Quellen:
Heftige Gefechte im Grenzbereich; Tagesspiegel 09.11.2007
Bundeswehr in Afghanistan an Mandatsgrenze; Netzeitung 08.11.2007
Korrektur: Das vom deutschen Bundestag verabschiedete Mandat erlaubt temporäre Einsätze außerhalb des Nordsektors.
Bild: Generalmajor Bruno Kasdorf, vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2007 Chef des Stabes der ISAF in Afghanistan, bei einer Besichtigung der gesprengten Buddha-Statuen von Bamyan (10.11.2007).
Picture: Maj. General Bruno Kasdorf, Chief of Staff of the NATO in Afghanistan from January 1 2007 up to December 1 2007, in Bamyan visiting the destroyed statues of Bamyan (11.10.2007).
This picture is in the public domain in the United States because it is a work of the United States Federal Government under the terms of Title 17, Chapter 1, Section 105 of the US Code.
german-foreign-policy.com, 09.11.2007.